© Alex Sarginson
Saskia Sarginson
Autor*in
Genau wie ihre Protagonistinnen wuchs Saskia Sarginson mitten im Wald in Suffolk auf. Heute lebt sie in London und hat vier Kinder, darunter ein eineiiges Zwillingspaar. Bevor sie freiberufliche Autorin wurde, arbeitete sie als Lektorin, Journalistin, Ghostwriterin und Gutachterin für Drehbücher. Zertrennlich ist ihr erster Roman.
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1. Was hat Sie dazu bewegt, "The Twins" zu schreiben?
Da ich selbst Mutter eineiiger Zwillingstöchter bin, hatte ich ausgiebig Gelegenheit, mich mit ihrem faszinierenden Verhältnis zueinander zu beschäftigen: dem Streben nach Dominanz und eigener Identität, dem Konkurrenzkampf, aber auch ihrer bedingungslosen Treue und außergewöhnlichen Verbundenheit. Ich wusste, dass ich eine Geschichte schreiben wollte, in deren Mittelpunkt eineiige Zwillinge stehen. Aber ich wollte darin auch die Grenzen einer solchen Beziehung auf die Probe stellen.
Der Schauplatz ist Suffolk, weil ich selbst dort aufgewachsen bin und die Gegend sehr inspirierend finde. Mit ihren dichten Kiefernwäldern und der kargen Schönheit der Kiesstrände besitzt sie eine ganz besondere Atmosphäre, mythisch und geschichtsträchtig zugleich.
2. Warum haben Sie als Zeitrahmen ausgerechnet 1972 und 1987 gewählt?
Ich wollte das Ganze zu einer Zeit spielen lassen, in der die Technologie noch nicht so flächendeckend verbreitet war, ohne Mobiltelefone oder Überwachungskameras – so konnte Pollys Verschwinden leichter und spurloser vonstattengehen. 1972 gab es kaum Fernsehen und keine Computerspiele und Suffolk war noch sehr abgelegen und unberührt – der perfekte Ort also, an den sich Rose flüchten und die Mädchen ungezügelt im Wald herumlaufen lassen konnte. Margaret Thatchers Großbritannien im Jahr 1987 war sehr interessant, ich erinnere mich noch gut an diese Zeit. Sie bildet den perfekten Kontrast zu Rose’ Hippie-Idealen. In beiden Jahren fanden außerdem wichtige Ereignisse statt, die ich gern in meinen Roman einflechten wollte. Ich liebe solche Geschichten, die in der Vergangenheit spielen, ganz besonders, wenn es sich dabei um eine Zeit handelt, die nostalgische Gefühle in mir, und hoffentlich auch meinen Lesern, aufkommen lässt.
3. Wie, glauben Sie, geht es mit Isolte und Ben beziehungsweise Viola und John weiter?
Obwohl ich das Ende ein wenig offen gelassen habe, wollte ich die Leser gern mit einem Gefühl der Hoffnung entlassen. So etwas wie »Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende« gibt es zwar nicht, aber ich wünsche den Vieren nur das Beste, nachdem das Buch hinter ihnen zugeklappt wurde.
4. Warum verraten Sie nicht, was mit Polly geschehen ist?
Ich glaube, damit hätte ich das Buch zu sehr in die Krimi-Ecke gedrängt. Außerdem bin ich der Meinung, dass es oft wirkungsvoller ist, etwas ungesagt zu lassen. Dieser ungeklärte Verlust steht für mich für all die Verluste, die wir in unserem Leben erleiden müssen.
5. Was ist für Sie wichtiger – die Handlung oder die Figuren, und wie entwickeln Sie beides?
Die Figuren fallen mir immer als Erstes ein, und mit ihnen bekomme ich ein Gefühl dafür, was ich in dem Buch überhaupt sagen will, was seine zentralen Themen und Ideen sind. Je lebendiger die Charaktere werden, desto realer kommen sie mir vor – so real wie meine Familie – und ich verliebe mich regelrecht in sie. Die Handlung dagegen bleibt immer flexibel; man darf sich nicht allzu sehr darauf festlegen, was passieren soll und wie genau alles abläuft. Das ist ja gerade das Aufregende am Schreiben: Man weiß nie, was als Nächstes geschieht!
6. Haben Sie schon immer gern geschrieben?
Schon als Kind habe ich Kurzgeschichten und Gedichte verfasst und später als Journalistin, Texterin, Ghostwriterin und Drehbuchgutachterin gearbeitet. Aber erst mit über vierzig hatte ich den Mut, mich hinzusetzen und einen Roman anzufangen. Eigentlich war ich an kurze Texte gewöhnt, irgendwann aber habe ich entdeckt, dass mir auch die lange Form gut liegt.
7. Hat auch die Tatsache, dass Sie als Erwachsene noch einmal studiert und einen Abschluss in englischer Literatur gemacht haben, Sie zu der Entscheidung gebracht, einen Roman zu schreiben?
Absolut. Als Mutter von drei kleinen Kindern noch einmal in Cambridge zur Universität zu gehen war eine große Herausforderung, aber ich habe es zugleich als sehr befreiend, aufregend und inspirierend empfunden. Viele der Dozenten in Kursen zum Thema Kreatives Schreiben haben mich sehr ermutigt, und das hat mein Leben verändert. Danach begann ich, die Schriftstellerei ernst zu nehmen.
8. Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der sich auch gern als Autor versuchen würde?
Zum Anfangen ist es nie zu spät. Aber man muss es wirklich wollen, so leidenschaftlich, dass es schon fast an Besessenheit grenzt, denn das Schreiben erfordert harte Arbeit, absolute Hingabe und die Fähigkeit, sich jedes Mal nach einer Absage, harten Kritik oder Enttäuschung wieder aufzurappeln. Man darf nie das Vertrauen in sich selbst verlieren.
9. Was ist es für ein Gefühl, den eigenen Debütroman endlich gedruckt in Händen zu halten?
Es ist unvergleichlich. Als ich mir schließlich gestattet habe, daran zu glauben, dass das alles wirklich passiert, war ich in erster Linie erleichtert – ich weiß, was für ein Glück ich habe. Jetzt warte ich ziemlich nervös darauf, wie die Welt da draußen mein Buch aufnehmen wird. Es ist schon eigenartig, etwas so Intimes und Persönliches plötzlich der Öffentlichkeit preiszugeben.
10. Woran arbeiten Sie zurzeit?
Ich habe mit einem neuen Roman angefangen, der auch wieder in der Vergangenheit (von den Sechzigern bis in die frühen Achtzigerjahre) und in Suffolk spielt – diesmal jedoch vor dem Hintergrund des Marschlands, des Watts, des Flusses und einer verbotenen Insel. Es geht dabei um Eva, ein junges Mädchen, von dem angenommen wird, es sei ertrunken, und das, was wirklich mit ihm passiert ist. Evas jüngere Schwester ist die Einzige, die glaubt, dass sie noch am Leben ist, und fest entschlossen, sie zu finden. Hinzu kommen noch die Geschichte von Evas Eltern und eine Lüge aus ihrer Vergangenheit, die die ganze Tragödie überhaupt erst ausgelöst hat.